Gedenkveranstaltungen

Wir gedenken Mehmet Kaymakçı! Mehmet Kaymakçı’yı anıyoruz!

Gedenkveranstaltung am 24. Juli 2021, dem 36. Jahrestag des Mordes an Mehmet Kaymakçı, am Kiwittsmoor-Park im Bezirk Hamburg-Nord – an der Straße Hohe Liedt (Langenhorn)

Mehmet Kaymakçı wurde am 10.10.1956 in Haymana /Türkei geboren. Der gelernte Maurer war mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet. Der 29-jährigeMehmet Kaymakçı wurde im Norden Hamburgs, in Langenhorn an der Straße Hohe Liedt im Morgengrauen von drei jungen Neonazis attackiert. Er überlebte den brutalen Angriff der Neonazis nicht. Was ist geschehen?

Mehmet Kaymakçı besuchte am 24. Juli 1985 die Eckkneipe „Bei Ronnie“ im Norden Langehorns. Dort traf er auf drei junge Neonazis. Laut Polizeibericht stritten sich die drei Neonazis mit Mehmet über Ausländerpolitik. Als Mehmet Kaymakçı sich auf seinem Weg nach Hause machte, folgten ihm die drei Neonazis und fielen an der Straße Hohe Liedt über ihn her. Die Täter schlugen und traten auf ihn ein, bis zur Bewusstlosigkeit. Anschließend schleiften sie ihn hinter ein Gebüsch am Rand des Kiwittsmoorparks. Nachdem erfolglosen Versuch, Mehmet Kaymakçı zu erwürgen, schleppten sie einen 94 Kilo schwerer Betonklotz herbei und zertrümmerten Mehmet Kaymakçı den Schädel. Das Geschehen wurde von der Nachbarschaft beobachtet.

Noch am selben Tag wurden die Täter verhaftet. Der Täter, Frank-Uwe P., gesteht die Tat: „Wir wollten den Türken fertigmachen.“Der Prozess gegen die drei Mörder, Frank-Uwe P., Mario B. und Bernd M. begann im März 1986. Die Anklage lautete auf „Körperverletzung mit Todesfolge“. Die Angeklagten gestehen im Gerichtssaal und brüsteten sich mit dem Bekenntnis zu ihrer Tat. Trotzdem sehen sie sich vor Gericht als Opfer, rechtfertigten ihre Tat mit dem Hinweis, dass sie Angst vor türkischen Jugendgangs gehabt hätten. Das Hamburger Landgericht verurteilte zwei der Täter zu acht und einen zu sieben Jahren Haft nach dem Jugendstrafrecht. Von einem gemeinschaftlich begangenen heimtückischen, rassistischen Mord war im Urteil nicht die Rede. Der Richter ignorierte die Verbindung der Angeklagten zu Nazigruppen und Neonazikadern.

Nach dem Urteil wurde der Mordfall im Laufe der Zeit vergessen. Nach einem interfraktionelle Beschluss des Bezirksamtes Nord am 17.01.2019, im Gedenken an Mehmet Kaymakçı ein Gedenktafel einzurichten, begann die Suche nach Angehörigen. Nach Recherchen stellte die Ramazan Avcı Initiative Kontakt zu den Familienangehörigen von Mehmet Kaymakç her. In Absprache mit den Angehörigen ergriff die Ramazan Avcı Initiative und Familie Arslan die Initiative, organisierte zum 35. Todestag die 1. Gedenkveranstaltung am Tatort.

Am Samstag, den 24.07.2021 um 15.00 Uhr Kiwittsmoor-Park, Hohe Liedt in Hamburg –Langenhorn werden wir zusammen mit den Angerhörigen Mehmet Kaymakçı gedenken und an andere Opfer von rechter Gewalt erinnern. Bei der diesjährigen Gedenkveranstaltung wird zur Erinnerung an die rassistische Tat von 1985 einen Gedenkstein eingeweiht. Auf Einladung des Bezirksamts Hamburg Nord werden Angehörigen von Mehmet Kaymakçı aus der Türkei zur Einweihung des Gedenkstein reisen. Es wird Liveschaltungen zu den Angehörigen geben.

Die Veranstaltung wurde in Absprache mit Familienangehörigen in Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt Hamburg Nord, Familie Arslan und der Ramazan Avcı Initiative organisiert.

Familie Arslan und die Initiative zu Gedenken an Ramazan Avcı

Kontakt: E-Mail: guersel2@gmx.de oder Handy (0176 65 900 544)

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Wir gedenken Mehmet Kaymakçı! Mehmet Kaymakçı’yı anıyoruz!

Gedenkveranstaltung am 24. Juli 2020, dem 35. Jahrestag des Mordes an Mehmet Kaymakçı, an der Straße Hohe Liedt (Langenhorn)

Mehmet Kaymakçı wurde am 10.10.1956 in Haymana/Türkei geboren. Der gelernte Maurer war mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet. Etwa fünf Monate vor der Ermordung von Ramazan Avcı, wurde Mehmet Kaymakçı im Norden Hamburgs, in Langenhorn an der Straße Hohe Liedt von drei jungen Neonazis im Morgengrauen attackiert. Er überlebte den brutalen Angriff der drei Naziskins nicht. Mehmet Kaymakçı wurde 29 Jahre alt, die drei Neonazis leben unter uns.

Was geschah am Tag des rassistischen Verbrechens?

Mehmet Kaymakçı besuchte am 24. Juli 1985 die Eckkneipe „Bei Ronnie“ in Langehorn, traf dort auf drei Neonazis. Laut Polizeibericht stritten sich die drei Neonazis mit Mehmet Kaymakçı über Politik. Es fing mit rassistische Herabsetzungen und Beleidigung durch die drei Neonazis und endete in einem rassistischen Mord. Als Mehmet Kaymakçı sich auf seinem Weg nach Hause machte, folgten drei Neonazis ihn, fielen an der Straße Hohe Liedt über ihn Mehmet Kaymakçı her. Die drei Nazis schlugen und traten auf ihn ein, bis zur Bewusstlosigkeit. Anschließend schleiften die Täter ihn hinter ein Gebüsch am Rand des Kiwittsmoorparks. Nachdem erfolglosen Versuch ihn zu erwürgen, schleppten sie einen 94 Kilo schwerer Betonklotz herbei und zertrümmerten Mehmet Kaymakçı den Schädel. Dabei werden sie von der Nachbarschaft beobachtet und kurze Zeit später verhaftet.

Im März 1986 begann der Prozess gegen die drei Mörder, Frank-Uwe P., Mario B. und Bernd M. Die Anklage lautete auf: „Körperverletzung mit Todesfolge“ und „Mordversuch“. Die Täter gestehen im Gerichtssaal und brüsten sich mit dem Bekenntnis zu ihre Tat: „Wir wollten den Türken fertigmachen.“ Der Richter ignorierte die Verbindung der Angeklagten zu Nazigruppen und Neonazikadern. Vor Gericht sehen die Angeklagten sich trotzdem als Opfer. Sie rechtfertigen ihre Tat, mit dem Hinweis, dass sie Angst vor türkischen Jugendgangs hätten. Das Hamburger Landgericht verurteilte zwei der Täter zu acht und einen zu sieben Jahren Haft nach dem Jugendstrafrecht. Von einem gemeinschaftlich begangenen heimtückischen rassistischen Mord war im Urteil nicht die Rede. Ob die Familienangehörigen von Mehmet Kaymakçı im Gerichtsaal waren, wissen wir nicht. Nach dem Urteil wird der Mordfall im Laufe der Zeit vergessen. Nach eigenen, langwierigen Recherchen konnten wir Kontakt zu den Familienangehörigen von Mehmet, die in der Türkei und Holland leben, knüpfen.

Mehr als 25 Jahre nach seinem Tod rückte Gülistan Ayaz, die Verlobte Ramazans und Mutter des gemeinsamen Kindes, den fast vergessenen Fall wieder ins Licht der Öffentlichkeit. Sie gründete eine Initiative zum Gedenken an Avcı. Nachdem die Morde des NSU Komplexes bekannt wurden, erhielt ihre Initiative öffentliche Aufmerksamkeit und führte zur Benennung des Ramazan-Avci-Platzes in der Nähe des Tatortes. Lange Zeit war auch dieser rassistische Mord vergessen. In Langenhorn, in der Straße Hohe Liedt erinnert nichts daran, dass am 24. Juli 1985 Mehmet Kaymakçı hier durch die Nazis ermordet wurde. Das wird sich nach einem Beschluss des Bezirksamtes Nord nun ändern.

„Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen: darin liegt der Kern dessen, was wir zu sagen haben“, sagte Primo Levi, Überlebender von Ausschwitz. Im Sinne, dass wir unsere Geschichte selber bestimmen und selber erzählen wollen, werden wir uns zum 35. Jahrestag der Ermordung von Mehmet Kaymakçı am Tatort versammeln, um an Mehmet Kaymakçı zu erinnern.

Vor dem Hintergrund dass kein Opfer von rassistischer Gewalt vergessen werden darf, laden wir zum Gedenken an Mehmet Kaymakçı, an der Straße Hohe Liedt (Langenhorn) ein. Für die Gedenkveranstaltung haben wir zwei Stunden, in der zwischen 17.00-19.00 Uhr anberaumt.

An der Gedenkveranstaltung können nach aktuellem Stand 30 Personen unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln teilnehmen.

Gülüstan Avcı

Faruk Arslan

Ramazan Avcı Initiative

  1. Juli 2020

Liebe Freunde und Freundinnen,

Liebe Mitstreiter und Mitstreiterinnen,

In der Nacht vom 24. auf den 25. Juli 1985 wurde Mehmet Kaymakçı, der am 10.10.1956 in Haymana geboren wurde und im Alter von 29 Jahren am 24.07.1985 in Langehorn/Hamburg von drei Neonazis ermordet. 35 Jahre danach fand am Tatort an der Straße Hohe Liedt eine Veranstaltung zum Gedenken an Mehmet Kaymakçı,die von der „Initiative zum Gedenken an Ramazan Avci“, Gülüstan Ramazan Avcı sowie Faruk Arslan organsiert wurde.

Der ursprünglich vorgesehene Plan, dass wir zusammen mit den Familienangehörigen aus der Türkei und Holland, durch das Bezirksamt organsierte Gedenkveranstaltung, den Gedenktafel für Mehmet Kaymakçı einweihen, kam wegen Corona-Pandemie nicht zustande.

Die Familienangehörigen von Mehmet Kaymakçı konnten dies Jahr nicht selbst dabei sein. Dies Jahr haben sie Grußworte geschickt, werden aber nächstes Jahr dabei sein.

Die Bezirksversammlung Hamburg-Nord hatte in der Sitzung der Bezirksversammlung vom 17.01.2019 interfraktionell beschlossen, eine Gedenktafel in Erinnerung an die Ermordung von Mehmet Kaymakçı am Tatort zu errichten und stellte dafür 5000 Euro zur Verfügung. Dazu äußerte sich der Bezirksamtsleitung Michael Werner-Boelz am 24.07.20 folgendes: „Ich verspreche Ihnen Kraft meines Amtes alles daran zu setzen, dass dieser Beschluss spätestens zum nächsten Jahrestag realisiert wird und die beschlossene Gedenktafel errichtet wird.“ Momentan befinden wir uns in der Planung und Erstellung eine Gedenktafel. Zum 36. Jahrestag werden die Familienangehörigen aus der Türkei und Holland eingeladen, eine Gedenktafel in Erinnerung an Mehmet Kaymakçı wird mit Familienangehörigen eingeweiht.

Die diesjährige Gedenkveranstaltung zum 35. Jahrestag fand mit einer Beteiligung von ca. 40-50 Personen statt. Nach der Begrüßung von Faruk Arslan, der als Stellvertreter der Familienangehörigen an die Anwesenden sprach, wurden Redebeiträge abgehalten und Grußworte vorgelesen. Wir möchten uns hier nochmals allen für Ihr aktives Teilnahme bedanken, an die Aktivist_innen aus Hamburg und andere Städten, die zu uns sprachen oder ihre Grußworte zugeschickt haben. Vielen Dank Faruk Arslan für deine Worte.

Wir, von der Initiative RAI, bedanken uns bei alldenjenigen, die uns solidarisch begleitet haben.

Die Beiträge sind in der Reihenfolge, wie es auf der Gedenkveranstaltung der Fall war..

Gürsel Yıldırım 

Juli 2021

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Redebeitrag der Initiative zu Gedenken an Ramazan Avcı am 24.7.2020, auf der Gedenkveranstaltung für Mehmet Kaymakçı am Tatort

Liebe Freundinnen, liebe Freunde, Liebe Anti-Rassist_innen und Antifaschist_innen, Liebe Anwesende von Bezirksversammlung Nord

ich grüße euch im Namen der Ramazan Avci Initiative.

Wir stehen heute an dem 35. Jahrestag des Mordes an Mehmet Kaymakçı, der hier an der Straße Hohe Liedt von drei Naziskins brutal ermordet wurde. Wir sind heute an dem Ort des Verbrechens zusammengekommen, um nicht nur an Mehmet Kaymakçı zu erinnern.

Wir dürfen nicht vergessen, dass hinter den zahlreichen rassistischen Morden Gesichter und Geschichten von Menschen stecken, dass von Nazis ermordeten Menschen Familienangehörige haben, die lebenslang von den Verbrechen der Nazis gezeichnet sind und auch nach Jahrzehnten in Schmerz und Trauer leben..

Es gibt eine lange Tradition bei rassistischen Morden in Hamburg. In der Nacht vom 21. auf den 22. August 1980 verübten Mitglieder einer terroristischen Neonazigruppe in der Hamburger Halskestraße einen Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim. Ngoc Nguyên und Anh Lân Dô starben an den Brandverletzungen. Am 22. Juni 1982 wurde in Norderstedt der 26-jährige Tevfik Gürel von Neonazis erschlagen. Wenige Zeit zuvor, am 26.5.1982, verbrannte sich die Lyrikerin Semra Ertan aus Prostest gegen die rassistischen Zustände in St.Pauli. Adrian Maleika wurde von Neo-Nazis in Gestalt des HSV Fans angegriffen und verstarb am 17.10.1982 im Krankenhaus. Wenige Monate vor Ramazan Avcıs Ermordung, wurde vor 35 Jahren, am 24.7.1985 in Hamburg Mehmet Kaymakcı von Nazis ermordet.

Mehmet Kaymakçı wurde am 10.10.1956 in Haymana/Türkei geboren.

Der gelernte Maurer kam Anfang 80er Jahre nach Deutschland und war mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet. Er wurde nur 29 Jahre alt.

Was geschah am Tag des rassistischen Verbrechens?

Mehmet Kaymakçı besuchte am 24. Juli 1985 die Eckkneipe „Bei Ronnie“, nicht weit von hier. Dort traf er auf drei Neonazis. Laut Polizeibericht stritten sich die Neonazis mit Mehmet Kaymakçı über Ausländerpolitik. Es fing mit rassistische Herabsetzungen und Beleidigung durch die drei Neonazis und endete in einem rassistischen Mord.

Als Mehmet sich auf seinem Weg nach Hause machte, folgten drei Neonazis ihn. Sie fielen in Morgengrauen hier an der Straße über ihn her, schlugen und traten auf ihn ein, so brutal, bis zur Bewusstlosigkeit. Anschließend schleiften die Täter ihn hinter ein Gebüsch am Rand des Kiwittsmoorparks. Nachdem erfolglosen Versuch ihn zu erwürgen, schleppten die drei Täter einen 94 Kilo schwerer Betonklotz herbei und zerschmetterten den Schädel von Mehmet Kaymakçı. Dabei werden Täter von der Nachbarschaft beobachtet und ein Radfahrer fand die Leiche von Mehmet. Kurze Zeit später nahm die Polizei den Täter Frank-Uwe P. fest. An seinen Schuhen klebt noch das Blut seines Opfers. In Verhören gesteht er: „Ja, wir waren es“. Er habe gemeinsam mit Mario B. und Bernd M. Mehmet Kaymakçı umgebracht: „Wir wollten den Türken fertigmachen“, sagt der stolze Nazi.

Trotzdem wird der rassistische Mord an Mehmet Kaymakçı von dem Richter als Wirtshausschlägerei eingestuft. Die Täter seien „drei arbeitslose Jugendliche“, hieß es in einem Artikel im Hamburger Abendblatt. In der deutschsprachigen Pressefinden wir kleine Notizhafte Berichte, aber keine Reaktion auf dem rassistisch motivierten brutalen Mord der Nazis Reaktionen aus der Hamburger Gesellschaft. Deshalb gehörte auch danach, „Türken fertig zu machen“, weiterhin zu den Ritualen der Naziszene in Hamburg und woanders.

Im März 1986 begann der Prozess gegen die drei Mörder. Die Anklage lautete auf: „Körperverletzung mit Todesfolge“ und „Mordversuch“. Die Täter gestehen im Gerichtssaal und brüsten sich mit dem Bekenntnis zu ihre Tat: Wir wollten den Türken fertigmachen.“ Der Richterignorierte die Verbindung der Angeklagten zu Nazigruppen und Neonazikadern. Vor Gericht sehen die Angeklagten sich trotzdem als Opfer. Sie rechtfertigen ihre Tat, mit dem Hinweis, dass sie Angst vor türkischen Jugendgangs hätten. Das Hamburger Landgerichtverurteilte zwei der Täter zu acht und einen zu sieben Jahren Haft nach dem Jugendstrafrecht. Von einem gemeinschaftlich begangenen heimtückischen rassistischen Mord war im Urteil nicht die Rede.

Nach dem Urteil wird der Mordfall bald vergessen.

Migrant_innen lebten weiterhin unter Stress durch den Terror der Naziskins.

Die drei Mörder von Mehmet Kaymakçı lebten nach kurzem Gefängnisaufenthalt unter uns.

Zu viele Opfer von rassistischer Gewalt wurde lange Zeit vergessen, verdrängt.

Zu viele Hinterbliebenen wurden mit ihre Schmerzen und Trauer allein gelassen worden – auch von uns Migrant_innen. Das ändert sich langsam, mit der Entstehung von Erinnerungs- und Gedenkinitiativen in den letzten Jahren. Mit der Entstehung von Erinnerungs- und Gedenkinitiativen, die den Blick auf die zahlreichen rassistischen Nazimorde auch nach dem Mauerfall richten, ist inzwischen ein Bewusstsein darüber entstanden, wie wichtig es ist, an die die zahlreichen rassistischen Mordopfer der 80er und 90er Jahren zu erinnern und eine Erinnerungs- und Gedenkkultur zu etablieren, die in erste Linie den Bedürfnissen der Familienangehörigen entsprechen..

Die Initiative zu Gedenken an Ramazan Avcı entstand im Jahre 2010. Zwei Jahre Später wurde in der Nähe S-Bahn Landwehr einer Gedenktafel eingeweiht, die Stadt Hamburg übernahm Verantwortung. Inspiriert davon und nach der Selbstenttarnung der NSU entstanden weitere neue Erinnerungs- und Gedenkinitiativen in Hamburg und in anderen Städten, die den Blick auf die vergessenen Opfer der Nazigewalt lenken.

Lange Zeit war auch der rassistische Mord an Mehmet Kaymakçı vergessen.

Nichts erinnert daran bis heute, dass Mehmet Kaymakçı hier ermordet wurde.

Im Rahmen der jährlichen Gedenkveranstaltungen in Ramazan Avci-Platz haben wir auch immer wieder an Mehmet Kaymakçı erinnert, aber für eine Gedenkveranstaltung vor Ort, hier in der Straße Hohe Liedt, fehlten die Familienangehörigen von Mehmet Kaymakçı.

Das hat sich nach einem Beschluss des Bezirksamtes Nord geändert.

Nach dem wir mitbekommen haben, dass die Bezirksversammlung Nord von sich aus die Initiative ergriff und für ein Gedenktafel im Gedenken von Mehmet Kaymakçı Schritte machte, haben wir angefangen die Familienangehörigen von Mehmet Kaymakçı zu finden. Nach eigenen, langwierigen Recherchen konnten wir Kontakt zu den Familienangehörigen von Mehmet Kaymakçı knüpfen, die in der Türkei und Holland leben.

Die Angehörigen von Mehmet Kaymakçı sind in Gedanken heute hier.

Ein Jahr später, an dem 36. Jahrestag ihres Verlustes werden die Angehörigen von Mehmet Kaymakçı hier sein. Für heute haben sie Grußworte geschickt.

Der ursprünglich vorgesehene Plan, dass wir zusammen mit den Familienangehörigen aus der Türkei und Holland, durch das Bezirksamt organsierte Gedenkveranstaltung, den Gedenktafel für Mehmet Kaymakçı einweihen, kam wegen Corona-Pandemie nicht zustande. Der Bezirksamtsleiter Herr Michael Werner Boelzwird sicherlich dazu was sagen, aber wir gehen davon aus, das nächste Jahr diese Plan durch die Initiative der Bezirksversammlung aufgeht. Die Familienangehörigen sind darüber informiert.

„Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen: darin liegt der Kern dessen, was wir zu sagen haben“, sagte Primo Levi, Überlebender von Ausschwitz. Im Sinne, dass wir unsere Geschichte selber bestimmen und selber erzählen wollen, werden wir uns zum 36. Jahrestag der Ermordung von Mehmet Kaymakçı wieder hier zusammen kommen, um an Mehmet Kaymakçı zu erinnern und den vorgesehen Gedenktafel gemeinsam einweihen..

Vor dem Hintergrund dass kein Opfer von rassistischer Gewalt niemals vergessen werden dürfen, stehen wir diesmal als Ramazan Avci Initiative, zusammen mit Gülüstan Avci und Faruk Arslan als Stellvertreter für die Familienangehörigen von Mehmet Kaymakçı mit euch hier. Wir bedanken uns für eure Anwesenheit und Grüßen euch auch im Namen der Familienangehörigen von Mehmet Kaymakçı.. Danke für es zuhören..

Nun wollen wir die Grußbotschaften der Familienangehörigen vor lesen..

Initiative zu Gedenken an Ramazan Avcı,

Gürsel Yıldırım 

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Grußwort von Dilan Sıkı aus Holland, die Nichte von Mehmet Kaymakçı

Bugün annemin amcası ve benim büyük amcam olan Mehmet Kaymakçı’nın anısına hazırlanan bu anma törenine katıldığınız için hepinize teşekkür ediyorum. Büyük amcamın ölümünün üzerinden dile kolay tam 35 sene geçti. Seneler sonra bile vefatinden bahsedildiğinde aile ferdlerimin yüzlerinde acı ve üzüntü görmek mümkün. 35 sene önce tam bügün yapılan bu iğrenç saldırının izlerini maalesef hala taşıyoruz. Amcamızı vahşice katleden katillerin az ceza almaları ve davayı gören hakimin iğrenç tutumu bunun sebeblerinden sadece birisidir. Buna rağmen büyük amcamın 35 sene sonra sizlerin uzun uğraşlar sonucunda hatırlanması ve anılması bize biraz da olsa iyi gelmiş, bu yolda yalnız olmadığımızı göstermiştir. Büyük amcam Mehmet Kaymakçı ve diğer neonazi katliamına kurban giden vatandaşlarımızın unutulmaması için emek veren herkese teşekkürlerimi sunarım.

Bügün bu anma töreninde ev sahipliği yapan Faruk Arslan’a, Gülüstan Avcı, Ramazan Avcı Insyatifinden Kemal Doğan ve bana bu süreçte çok destek olan Gürsel Yıldırım’a ariyetten teşekkür ederim.

Bu sene maalesef bazı nedenlerden dolayı katılamadım bu törene. Seneye aynı günde daha büyük bir anma töreninde sizlerle buluşmak ve tanışmak dileğiyle, 

Überzug auf Deutsch

Seit dem Tod meines Großonkels sind genau 35 Jahre J vergangen.

Selbst nach Jahrzehnten später kann man in den Gesichtern meiner Familienmitglieder noch Schmerz und Trauer sehen, wenn es um den Tod von meinen Großonkel geht. Leider tragen wir immer noch die Spuren dieses widerlichen Angriffs vor 35 Jahren. Einer der Gründe, warum wir noch die Spuren dieses widerlichen Angriffs tragen ist, dass die Mörder, die unseren Onkel brutal ermordet haben, durch die widerliche Haltung des Richters, der den Fall juristisch bearbeitete, die Nazis mit milde Strafen davon kommen ließ.

Trotzdem war es gut für uns, zu wissen, dass 35 Jahre später an unsere Großonkel zu erinnert wird, dass wir auf diesem Weg nicht allein sind.

Ich möchte allen meinen Dank aussprechen, die daran gearbeitet haben, um an unseren Großonkel Mehmet Kaymakçı und andere Opfer rassistische Morde durch Neonazi zu erinnern, nicht zu vergessen. Heute danke ich Faruk Arslan, der als Gastgeber uns vertritt. Außerdem danke ich an Gülüstan Avci, Kemal Dogan und Gürsel Yıldırım, der mich in diesem Prozess sehr unterstützt hat.

Leider konnte ich dieses Jahr nicht an dieser Gedenk Zeremonie teilnehmen.

In der Hoffnung, dass wir mit euch im nächsten Jahr am selben Tag bei einer größeren Gedenkfeier treffen und kennenlernen, grüße ich euch Herzlich.

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Grußwort aus Haymana/Türkei von Familienangehörigen Tamer Kaymakçı, der Neffe von Mehmet Kaymakçı

Sevgili Dostlar,

Aile üyemiz Mehmet Kaymakçı’nın ırkçılar tarafından katledilmesinin üzerinden 35 yıl geçti. Biz kendisini asla unutmadık, unutmayacağız.

Cinayetten bu yana Almanya devleti tarafından hiçbir kimse bizi, aramadı, sormadı. Sizlerin yoğun çabası sayesinde en azından vahşice katledilişinin 35. yılında anılıyor olması bizim için küçük bir teselli. Bizler Alman devletinin katılmamız için gerekli şartları sağlamadığı için bu önemli günde orada olamıyoruz. Umuyoruz ki, sene daha büyük bir anma töreninde biraya gelir, sizlerle tanışma ve şükranlarımızı dile getirme imkanı buluruz.

Irkçılığa dünyanın hiçbir yerinde geçit verilmemesini diler, Mehmet Kaymakçı’nın unutulmaması için yaptığınız çalışmalardan ötürü hepinize teşekkür ederiz.

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Redebeitrag von Michael Werner-Boelz (Bezirksamtsleitung von Bezirksamt Hamburg-Nord) zum 35. Jahrestag der Ermordung von Mehmet Kaymakçı

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,

ich möchte mich ganz herzlich dafür bedanken, dass ich hier heute sprechen darf. Ich möchte Sie um Nachsicht bitten, für eine etwas ungewöhnliche Feststellung in solch einem Rahmen. Es ist mir aber wichtig, dass wir uns immer wieder vergegenwärtigen, dass wir in einer der freiesten Regionen auf diesem Planeten leben.

Umso wichtiger ist es, diese Freiheit tagtäglich aufs Neue zu verteidigen. Denn diese Freiheit wird von den Feinden einer offenen und pluralistischen Gesellschaft seit Gründung der Bundesrepublik immer wieder in verschiedenen Formen und Ausprägungen bekämpft. In der Gründungsphase der Bundesrepublik konnten Alt-Nazis wie der Mitverfasser und Kommentator der Nürnberger Rassengesetze, Hans Globke, Chef des Bundeskanzleramtes werden oder in den 70er Jahren wurde der NS-Marinerichter Hans Filbinger Ministerpräsident in Baden-Württemberg. Filbinger war verantwortlich für Todesurteile u.a. wegen Fahnenflucht und Wehrkraftzersetzung. Alt-Nazis hatten in der Gründungsphase dieses Staates an vielen Stellen zentralen Einfluss auf staatliches Handeln.

Aber auch heute noch findet rechtsextremes Gedankengut Einzug in die politischen Gremien: Im Jahr 2015 zog die AfD mit knapp über sechs Prozent zum ersten Mal in die Hamburgische Bürgerschaft ein. Mittlerweile sitzt mit ihr der parlamentarische Arm der Gegner der Demokratie und der offenen Gesellschaft in allen Landesparlamenten in ganz Deutschland und im Bundestag.

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus und eben Rechtsextremismus bedrohen aber nicht nur unsere Demokratie – sie sind vor allem für die von Ausgrenzung Bedrohten eine reale Gefahr für Leib und Leben. Die Amadeu Antonio Stiftung zählt seit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten 208 Mordopfer rechtsextremer Gewalt.

Auch in Hamburg haben immer wieder Angehörige der rechtsextremen Szene rassistische Gewalttaten bis hin zum Mord verübt. In der Nacht vom 24. auf den 25. Juli 1985 wurde heute vor 35 Jahren MehmetKaymakçıim Alter von 29 Jahren von drei Neonazis in Langenhorn erschlagen. Aber der Mord an Mehmet Kaymakçı ist kein Einzelfall:

Bereits 1980 gab es einen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in der Halskestraße, bei dem 2 Menschen starben. Im Jahr 1985, nur wenige Monate nachdem Kaymakçı durch Neonazis getötet wurde, wurde Ramazan Avci brutal an der S-Bahn Station Landwehr von einer Gruppe Skinheads ermordet.

Und auch in der jüngeren Vergangenheit blicken wir auf rassistisch motivierte Mordanschläge zurück. So wurde am 27. Juni 2001 Süleyman Taşköprü durch den NSU ermordet. Am 17.12.2017 explodierte am S-Bahnhof Veddel ein Sprengsatz mit Schrauben. Der Täter, bereits in den 80er Jahren in einem rechtsextremen Umfeld aktiv, wurde zu 10 Jahren Haft verurteilt. Um an dieser Stelle nur einige Beispiel zu nennen.

Wenn man die Geschichte dieses Landes und dieser Stadt betrachtet, stellt man leider immer wieder auch fest, dass zumindest Teile der staatlichen Institutionen bei der Verfolgung rechtsextremistischer Straftaten versagen. Das war insbesondere bei der Mordserie des NSU so, das stellen wir aber auch gegenwärtig bei den Vorgängen um die rechtsextrem motivierten Drohbriefe aus der hessischen Polizei fest. Angst und bange wird einem, wenn man liest, dass rechtsextreme Netzwerke in Bundeswehr (Kommandospezialkräfte Calw) und Polizei auch noch legal Zugriff auf Waffen haben. Gerade staatliche Institutionen und ihre Vertreter müssen aber die Gewähr für die Gleichheit aller sowie die grundgesetzlich garantierte körperliche Unversehrtheit bieten.

Rechtsextreme Straftaten sind keine Einzelfälle – dahinter steckt struktureller Rassismus, der in Form von Hasskriminalität, jeden Tag aufs Neue verübt wird. Das dürfen wir nicht zulassen.

Wir haben uns heute hier versammelt, um Mehmet Kaymakçı zu gedenken, der in der Nacht vom 24. auf den 25. Juli 1985 von drei Neonazis in der Straße Hohe Liedt brutal ermordet wurde. Diese Tat soll uns immer wieder daran erinnern, dass wir als offene, pluralistische und demokratische Gesellschaft die Aufgabe haben, unsere Grundwerte zu verteidigen, für Menschenrechte und gegen rechte Hetze einzutreten und dafür zu sorgen, dass rechtes Gedankengut keinen Platz in unserer Gesellschaft findet.

Der Mord an Mehmet Kaymakçı darf nicht in Vergessenheit geraten. Deswegen bin ich froh, dass die Bezirksversammlung Hamburg-Nord interfraktionell beschlossen hat, eine Gedenktafel in Erinnerung an die Ermordung von Mehmet Kaymakçı zu errichten.

Die Umsetzung war bisher etwas holperig. Ich verspreche Ihnen Kraft meines Amtes alles daran zu setzen, dass dieser Beschluss spätestens zum nächsten Jahrestag realisiert wird und die beschlossene Gedenktafel errichtet wird.

Enden möchte ich mit einem Zitat aus der Begründung des einstimmig beschlossenen Antrages. Dort heißt es: „Mit der Erinnerung soll … die Verantwortung betont werden, die wir haben, um Ausgrenzung und Diskriminierung entgegenzutreten. Die Entmenschlichung aller, die vermeintlich anders sind, ist Kern rechtsextremen Denkens und Handelns. Diese Menschenfeindlichkeit wird erkennbar in der Betonung der Ungleichwertigkeit. Die Gleichwertigkeit aller Menschen und die Sicherung ihrer physischen und psychischen Unversehrtheit sind aber die zentralen Werte einer modernen und humanen Gesellschaft. Deshalb ist jeder Angriff auf vermeintliche Minderheiten ein Angriff auf unsere offene, demokratische Gesellschaft. Und so war auch die Ermordung von Mehmet Kaymakci ein Angriff auf unsere offene, demokratische Gesellschaft. Die Erinnerung an diese Tat soll uns lehren wachsam zu sein.“

Facebook Seite von Bezirksamt Hamburg-Nord

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Redebeitrag des HBgR am 24.7.2020, Gedenkveranstaltung für Mehmet Kaymakçı

Gedenken an Mehmet Kaymakçı – Kein Vergeben, Kein Vergessen

Vor 35 Jahren wurde hier in Langenhorn Mehmet Kaymakçı mit rassistischer Absicht brutal ermordet.

Es macht hilflos und wütend an einem Ort, an dem ein rassistischer Mord begangen wurde, zu stehen und zu wissen, dass der Mord an Mehmet Kaymakçı kein Einzelfall war und sich seitdem nichts geändert hat.

Immer wieder wurden in der BRD Menschen aufgrund ihres Aussehens oder ihrer Herkunft ermordet. In den Medien und im juristischen Sprachgebrauch wurden die Taten nicht als rassistische Morde bezeichnet. Begriffe wie „Tötung mit Todesfolge“ oder „Mordversuch“ sind eine sprachliche Verharmlosung der gewaltvollen, menschenverachtenden Morde.

Besonders perfide sind die Beschuldigungen gegen Angehörige nach rassistischen Morden. Häufig wurden sie Zielscheibe der Verdächtigungen seitens der Ermittlungsbehörden. Die mehrfachen traumatisierenden Befragungen und Unterstellungen haben viele der Angehörigen erleiden müssen.

Statt Mitgefühl und Hilfe bei der Aufklärung haben sie nur Verdächtigungen und Beschuldigungen erfahren müssen!

Auch hier in der angeblich weltoffenen Stadt Hamburg gab und gibt es weiter rassistische Angriffe und Morde. Wie in dem Fall von Süleyman Taşköprü wurde nicht einmal ein Untersuchungsausschuss eingerichtet. Die Wünsche der Angehörigen, die Tatorte nach den Opfern zu benennen, werden nicht oder nur unangemessen erfüllt.

Wenn es weiter keine transparente Aufklärung gibt, bleiben Strukturen des institutionellen Rassismus bestehen und können nicht benannt und abgebaut werden. Es gibt hier in Hamburg, auch wenn immer wieder offizielle Betroffenheit zu Schau gestellt wird, keinen Willen gegen den Rassismus in Behörden, Polizei und Staatschutz vorzugehen.

In der öffentlichen Darstellung werden rassistische Taten oft als Ortsbezeichnungen oder Begriffe genannt. Die Namen der vielen Opfer bleiben aber ungesagt: Hinter Langenhorn, Landwehr, Lübeck, Mölln, Solingen, Rostock, Hoyerswerda, NSU-Komplex, Halle, Hanau verbergen sich ermordete Menschen mit Namen und Geschichten.

Gibt es ein echtes öffentliches Interesse an den Menschen, den Opfern, den Überlebenden und ihren Angehörigen und Freund*innen?

Sind es Momentaufnahmen des Sensationsjournalismus? Wo bleibt das Erinnern?

Den Wünschen der Angehörigen muss zugehört werden. Ihre Forderungen müssen beachtet und nach ihren Vorstellungen umgesetzt werden.

Die Erinnerungen und die Erinnerungspolitik muss Teil der gesamten Gesellschaft werden. Und die Institutionen müssen transparent auf ihre rassistischen Verstrickungen überprüft werden.

Mehmet Kaymakçı – ein Opfer eines rassistischen Mordes, sein Leben und sein Name soll nicht vergessen werden!

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Beitrag von VVNBdA Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Bund der Antifaschistinnen – Gedenken an Mehmet Kaymakçı’yı am 24. Juli in Hamburg Langenhorn

Von Ibrahim Arslan, Überlebendem des rassistischen Anschlags in Mölln, haben wir gelernt, dass es nie wieder eine Gedenkveranstaltung rassistischer Morde und Gewalt ohne Angehörige und Betroffene geben darf. Selbst das war Jahre lang nicht selbstverständlich.

Im Gegenteil, denken wir an die Verleumdungen und Kriminalisierungen der Opfer und Angehörigen während der sog. NSU Morde.

Umso wichtiger, dass diese Kundgebung anlässlich des 35. Jahrestages der Ermordung von Mehmet Kaymakçı’yı von der Famile Arslan und der Ramazan Avci Initiative organisiert wurde.

Mehmets Angehörige konnten dies Jahr leider nicht selbst dabei sein, haben aber versprochen, nächstes Jahr kommen zu können.

Was geschah am 24.Juli vor 35 Jahren?

Drei Nazis schlugen und traten auf Mehmet ein und zertrümmerten seinen Schädel mit einem 24 Kilo Betonklotz. Mehmet wurde nur 29 Jahre alt.

Ca. 30 bis 40 Personen gedachten seiner bei der Kundgebung.

Redebeiträge wurde unter anderem vom Bezirksamtsleiter Michael Werner Bölz, dem Hamburger Bündnis gegen Rechts , Faruk Arslan und der Ramazan Avci Initiative gehalten.

Im kurzen Grußwort der VVN Bda wurde darauf hingewiesen; wie wichtig gemeinsame Gedenkfeiern sind und das es noch viel gemeinsam zu tun gibt.

– Hamburg ist das einzige Bundesland, in dem kein parlamentarischer Untersuchungsausschuss zum NSU gegründet wurde, obwohl Süleyman Taşköprü eines der zu beklagenden Opfer aus Hamburg kam.

– Die AFD hat das Klima weiter nach rechts verschoben und bereitet den Nährboden auch für rassistische Gewalt.

– Erwähnt sei auch die unrühmliche Rolle des sog. Verfassungsschutzes, der im Übrigen auch dazu beigetragen hat, dass der VVNBdA Bundesvereinigung die Gemeinnützigkeit entzogen wurde.

Wie versprechen allen Opfern: gemeinsam gegen Rassismus und Faschismus zu agieren.

Wir hören nicht auf, uns am gemeinsamen Gedenken an die Opfer Rassistischer Gewalt zu beteiligen. Wir begrüßen, wenn endlich die Gedenktafel für Mehmet Kaymakçı’yı im nächsten Jahr eingeweiht wird. Niemand und nichts wird vergessen….

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Grußwort Familie Satır und Ini DU1984

Henüz 29 yaşında, Frank-Uwe P. (20), Mario B.(19) ve Bernd M. (20) adlı Neonaziler tarafından hunharca katledilen Mehmet Kaymakçı’yı rahmet ve saygıyla anıyor, ırkçılığın her türlüsünü şiddetle kınıyoruz.
Irkçılık burada Frank-Uwe,  Mario ve Bernd olabilir ama öteki tarafta Hans,  Marcus veya Ewelin olarak karşımıza çıkıyor. Ne yazıkki Alman mercileri bu ırkçılıklara göz yumuyor olaylara kör ve sağır kalıyor. Naziligin hangi boyutlarda olduğunu ve her seferinde yönetimin Nazilere hafif cezalar vererek olayları unutturma yoluna giderek olaylarda ırkçılığın olmadığı izlenimi verdiğini görmek istiyorsanız Mehmet Kaymakçı olayına kısaca göz atın. Hanau olayını izleyin veya Mölln ile Duisburg kundaklanmalarına ve olayların ırkçılık değil sudan sebeplerle mahkemenin sonuçlandığını ve en ağır ceza alması gerekenlerin en hafif gençlik cezaları aldığını ve katil Neonazilerin şu an aramızda dolaştıtlarını görürsünüz.

Eğer birlikte ve huzur içinde yaşayacağımız bir Almanya istiyorsak Neonazilere karşı birlik ve beraberlik içinde olmalıyız. Alman makamlarından Neonazilere karşı sıkı önlem ve tedbirler alarak ırkçılığa karışanlar için en ağır cezaların verilmesini talep ediyoruz.

Bunu birlikte başaracağız.
Sayğı ve selamlarımızla

Duisburg‘dan Satır ailesi…

Übersetzung auf Deutsch

Wir gedenken heute Mehmet Kaymakçı in Respekt, der im Alter von 29 Jahren von drei Neo-Nazis Frank-Uwe P. (20), Mario B. (19) und Bernd M. (20) brutal ermordet wurde, und verurteilen alle Arten von Rassismus.

Rassismus kann hier sein Frank-Uwe, Mario und Bernd sein, aber wir stoßen auf der anderen Seite auf Hans, Marcus oder Ewelin. Leider bleiben die deutschen Behörden gegenüber diesen Rassist_innen blind und taub. Wenn Sie die Dimensionen des Nazismus sehen wollen und nicht jedes Mal den Eindruck erwecken möchten, dass hinter den rassistischen Vorfälle keinen Rassismus gibt, und den Nazis mit milden Strafen davon kommen lässt, werfen Sie einen Blick auf den Fall Mehmet Kaymakçı. Schauen Sie den auf Hanau, oder aus den Verbindungen zwischen den rassistischen Vorfällen und Verhaftungen in Mölln und Duisburg und schauen Sie auf die Ereignisse und auf die Gründen des Rassismus. Sie werden feststellen, das in beiden Fällen die Täter, die mildeste Jugendstrafe bekommen haben, und sie werden sehen, dass die Mörder Neonazis in beiden Fällen jetzt unter uns leben.

Wenn wir ein Deutschland wollen, in dem wir zusammen und in Frieden leben, müssen wir uns gegen die Neonazis einig sein. Wir fordern von den deutschen Behörden die härteste Strafe für diejenigen, die an Rassismus beteiligt sind, indem sie strenge Maßnahmen gegen die Nazis ergreifen. Das werden wir gemeinsam erreichen.

Mit Respekt und unseren Grüßen

Famile Satır aus Duisburg

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Ini DU1984

In der Nacht vom 26. auf den 27. August 1984 wurde ein rassistischer Brandanschlag auf das Wohnhaus mit der Nummer 301 in Duisburg Wanheimerort ausgeübt. Dort wohnte unter anderem die Familie Satır, die im Rahmen der „Gastarbeiteranwerbung“ nach Deutschland kam. Sie verlor in dieser Nacht sieben ihrer Familienmitglieder: Ferdane, Çiğdem, Ümit und Songül Satır, Zeliha, Rasim und Tarık Turhan verloren im August 1984 ihr Leben. Das jüngste Opfer war 50 Tage alt. Mehrere Bewohner*innen wurden zum Teil sehr schwer verletzt. Zwei weitere Mitglieder der Familie Satır konnten sich nur durch einen Sturz aus einem Fenster im zweiten Stockwerk retten. Ihre körperlichen und seelischen Wunden sind selbst nach über drei Jahrzehnten nicht geheilt.

Der Brandanschlag in Duisburg wurde, wie auch der Mord an Mehmet Kaymakçı, im kollektiven Gedächtnis strukturell vergessen gemacht, die Opfer und Überlebenden wurden mit ihren Ängsten und Sorgen alleine gelassen. Dies war besonders bezeichnend für die 1980er Jahre. Diese und weitere rassistische Gewalttaten sind keine Einzelfälle. Rassismus ist nie ein Einzelfall! Deshalb ist es heute umso wichtiger die Kontinuitäten von Hamburg bis Duisburg, von Hoyerswerda nach Mölln, Solingen, Halle bis Hanau und viele weiteren Anschläge und Morde zu erkennen.

Die Angehörigen von Mehmet Kaymakçı sind ab heute nicht mehr alleine.

Die Familie Satır aus Duisburg und die Initiative Duisburg 1984 trauert mit um Mehmet Kaymakçı, unterstützt die Forderungen der Familie, steht für ein würdiges Gedenken ein und solidarisiert sich mit ihnen im Kampf gegen Rassismus.

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Grußwort von Burak Bektaş Initative aus Berlin

In Gedenken an Mehmet Kaymakçı

Mehmet Kaymakçı wurde am 24. Juli 1985 in Langehorn von drei Neonazis brutal ermordet. Nur fünf Monate später wurde Ramazan Avcı am 21.12.1985 brutal ermordet, ebenfalls in Hamburg. Beide Morde wurden als furchtbare Ereignisse registriert und medial aufgegriffen, aber schnell vergessen, über Jahrzehnte. Die Morde wurden nicht kontextualisiert in ihrer Bedeutung und in der Tiefe des Leides für die Angehörigen und auch nicht in ihrer Bedeutung für die Gesellschaft als Ganzes. Die Angehörigen wurden alleingelassen.

Anlässlich des 25. Todestags gründete sich 2010 die Initiative zu Gedenken Ramazan Avcı. Zusammen mit Gülistan Avcı, der Witwe des Ermordeten, vernetzte sich die Initiative mit anderen Angehörigen rassistischer und rechter Morde und Betroffenen rassistischer und rechter Gewalt. Es waren die Angehörigen von Opfern rechter/rassistischer Gewalt und Betroffene, unterstützt von solidarischen Menschen und Initiativen, die diese strukturellen-rassistischen Zustände anklagten. Die Ramazan Avci Initiative hat nun zusammen mit Gülistan Avci und Faruk Arslan das Gedenken an Mehmet Kaymakçı ins Leben gerufen.

Die rassistischen und rechten Morde und Gewalt geschahen und geschehen in einem gesellschaftlichen Klima. Und rassistische und rechte Morde und Gewalt wurden und werden verharmlost, vertuscht. Die Taten werden gedeckt mit der schützenden Hand des Staates. Es sind keine Einzeltaten! Im November 2011 flog mit der Selbstenttarnung des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) der Komplex um den NSU auf. Ein Netzwerk von Nazis mordete über 10 Jahre lang 9 Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund und eine Polizistin und verübten Anschläge. Einer der Opfer ist Süleyman Taşköprü ermordet am 27. Juni 2001 in seinem Geschäft an der hamburger Schützenstraße. Der Prozess in München reduzierte das Netzwerk zu einem NSU-Trio, ließ Milde walten gegen die Täter*innen und die vielen Unterstützter*innen, Netzwerke und V-Leute wurden im Prozess nicht zur Verantwortung gezogen. Im Gegenteil, der Prozess war begleitet von Skandalen von geschredderten Akten bis V-Männern, die geschützt werden, wie im Fall des Ermordeten Halit Yozgat in Kassel. Aktuell gibt es mindestens 69 bekannte Morddrohungen gegen z.B. Martina Renner, Idil Baydar, Anne Helm, Evrim Sommer, Janine Wissler unterzeichnet mit NSU 2.0, als Bezug zum NSU.

Der Mord an Burak Bektaş geschah 5.4.2012, kurze Zeit nach dem Auffliegen des NSU. Zwei seiner Freunde überlebten mit schweren Schussverletzungen. Nach über acht Jahren seit dem Mord an Burak Bektaş in Berlin Neukölln ist noch immer kein Täter ermittelt. Immer wieder gibt es in Neukölln Brandanschlagsserien, auch hier werden keine Täter ermittelt.

Ein zweiter Mord in Neukölln, der Mord an Luke Holland geschah am 20.9.2015, der Täter Rolf Zielesinski ist zwar verurteilt worden, doch das Gericht wollte kein rassistisches Mordmotiv feststellen. Trotz Nazi-Devotionalien, diversen manipulierten schussfähigen Waffen, Munition und 1 Kilo Sprengstoff. Bis heute wird nicht aufgeklärt, woher der Sprengstoff stammt. Der Name des Täters Rolf Zielesinski tauchte als Hinweis auch in der Akte von Burak Bektaş auf, das Gericht ging dem nicht nach. Morde ohne Motive, Einzeltäter, Waffennarren, das ist der Tenor…

In Gedenken an Mehmet Kaymakçı haben SPD, CDU, die Grünen, die Linken und die FDP in der Bezirksversammlung Nord 5000 Euro für eine Gedenktafel genehmigt, die an der Straße Hohe Liedt aufgestellt werden soll. Aber die SPD und auch die Grünen tun sich schwer, wenn es um wirkliche Aufklärung geht. Einen Parlamentarischen Untersuchungssauschuss lehnen sie sowohl in Hamburg als auch in Berlin ab, selbst einen Sonderermittler lehnen sie für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş oder die Brandanschlagsserien in Neukölln ab. Stattdessen wurde ein BAO-Fokus eingerichtet aus Ermittelnden aus den eigenen Reihen, die Aufklärung bringen sollen.

Die Morddrohungen unterzeichnet mit NSU 2.0 in Hessen deuten auf Verbindungen auf Nazi-Netzwerke in Berlin. Drohmails weisen auf Abfragen aus Polizeicomputern hin. Es gibt 69 rechtsextreme Drohschreiben unterzeichnet mit „NSU 2.0“ und die Politik dementiert ernsthaft, dass es strukturellen Rassismus im Polizeiapparat gäbe.

Wozu das Ganze, was wird hier gedeckt? Wenn es um Rassismus in den USA geht, wird mit dem Finger gezeigt, aber wenn es um Rassismus in Deutschland geht wird alles aufgefahren. Warum ausgerechnet in Deutschland es keinen strukturellen Rassismus geben solle, wo nachweislich auf den Trümmern des Faschismus der NSDAP Staat und Gesellschaft aufgebaut wurden, dieser Antwort bleiben die, die das Vertreten, schuldig.

Antisemitismus und Rassismus in Deutschland hat eine lange Tradition in Staat und Gesellschaft. Es ist die gesellschaftliche Mitte, die dem Einhalt gebieten muss.

Wir fordern einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss für Hamburg und Berlin für angemessene und konsequente Aufklärung!

Wir fordern die Umsetzung der Konsequenzen aus dem NSU-Komplex!

Wir fordern Genugtuung und Entschädigung der Opferfamilien!

Der erste Schritt für Aufklärung und im Kampf gegen Rassismus ist das Zugeständnis und die Anerkennung um das Phänomen des institutionalisierten Rassismus. Ob die Mitte der Gesellschaft ein Interesse daran hat wird entscheidend sein im Kampf gegen Rassismus – für Demokratie. Dafür braucht es der Solidarität der Zivilgesellschaft mit den Angehörigen der Opfer und der Betroffenen rassistischer und rechter Morde und Gewalt, denn von Oben kommt der Druck nicht.

Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş.“ 24.July 2020